Nadine Lorenz

Autorin im Vogtland

Kindergeschichten

Illustriert von Jörg Schubert

„Ich hätte sooo gerne einen schönen Fleck von Dir! Schau mich an, ich habe nur die paar Streifen hier. Sonst nichts. Laaangweilig!" quengelt die Gazelle Gisi.

 

Aus Wunsch wird Wirklichkeit und schon bald weiß Gisi, warum Gazellen keine Flecken haben.

Von der Giraffe, die ihre Flecken verschenkte

Manchmal muss man erst jemand anders sein, um man selbst zu werden. 
Die Giraffe Lobethia ist ein gutmütiges Tier. Was ist schon dabei, ein paar Flecken zu verschenken, wo sie doch so viele hat.
Die Giraffe mit den kahlen Stellen am Körper fällt in der Savanne genauso auf wie die
Gazelle Gisi, das Gnu Nagudu und das Zebra Zula, die nun jeder einen von Lobetias Flecken tragen.
Sie erkennen, dass es nicht immer von Vorteil ist, aufzufallen und wie wichtig Tarnung und Gemeinschaft sind.

Schon mal reinlesen...

Nagudu gnuhte einen typischen Gnu-Laut zur Begüßung: „Gnuuh“, da beugte Lobethia, die von ihren Freunden nur Lolly genannt wurde, ihren Hals und schaute nach unten. Verwundert hob sie ein Augenlied: „So allein unterwegs? Wo ist denn deine Herde?“. Sie wusste, dass Gnus zum Schutz vor Löwen immer in der Gemeinschaft zusammenblieben.

„Och, die sind nicht weit weg. Gleich da hinten, wo noch ein paar Gräser wachsen.“

Es war Trockenzeit in der Savanne. Die Wasserlöcher wurden immer kleiner, und das grüne Gras war schon ganz braun geworden.

„Und was tust du hier? Willst wohl mal von meinem Baum naschen?“

„Nein, der ist doch viel zu hoch! Ich komm ja nicht einmal an den untersten Zweig.“

Die Giraffe betrachtete das Gnu. Erst jetzt bemerkte sie, dass es wirklich viel zu klein war, um von dem Baum zu fressen. Komisch, von weitem sahen diese Tiere immer so groß aus, aber sie hatten kurze Beine und fast gar keinen Hals. Lobethia beugte sich etwas näher zu dem Gnu, denn sie war neugierig geworden, was es bei ihr suchte.

„Bist du Lolly?“, wagte sich Nagudu vor, obwohl er sich sicher war, die richtige Giraffe gefunden zu haben, denn sie hatte eine ziemlich große weiße Stelle am Hals, gerade so, als fehlte da ein Fleck.

„Ja, die bin ich. Und mit wem habe ich die Ehre?“

„Ich bin Nagudu, das Gnu“ antwortete er.

„Soso, Nagudu, das Gnu. Und warum stehst du nun lieber bei den Giraffen als bei deinesgleichen?“

„Naja, ich habe schon von dir gehört, und wo wir heute hier vorbei gezogen sind, da wollte ich dich einmal kennenlernen.“

„Was? Du hast von mir gehört? Was hast du denn gehört?“

„Ich habe den schönen Fleck gesehen, den du Gisi, der Gazelle, geschenkt hast.“

„Soso. Der hat dir wohl gefallen?“

„Ja! Er ist sehr schön, und er steht Gisi ganz ausgezeichnet. Sie fällt jetzt richtig auf in ihrer Herde. Zuvor hatte ich sie nie bemerkt, aber jetzt erkenne ich sie unter all den zappeligen Gazellen.“

„Sehr schön, dann ist sie also immer noch zufrieden mit ihrer Blume.“

„Ich habe mich gefragt, ob du mir vielleicht auch…“ Nagudu gnuhte jetzt nur noch ganz leise. Irgendwie war es ihm unangenehm, so direkt nach einem Fleck zu fragen.

„…einen Fleck schenkst?“, beendete Lolly seinen Satz.

„Ja“, murmelte Nagudu und schaute verlegen auf die Hufe der Giraffe.

Nun musste die Giraffe lachen. Es war wie ein leises tiefes Grollen, dass Nagudu aufschauen ließ. So ein Geräusch hatte er noch nie gehört. Lobethia, die ihren Kopf inzwischen beinahe auf Augenhöhe des Gnus gesenkt hatte, blickte den Bittsteller freundlich an. „Na klar, bekommst auch du einen Fleck. Welchen möchtest du denn?“

„Hm“, machte das Gnu und begann, die Giraffe langsam zu umrunden. Dann blieb es an der Seite der Giraffe stehen und deutete mit seinem Kopf auf einen besonders ausgefallenen Fleck.

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte überprüfen Sie die Details in der Datenschutzerklärung und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.